Schutzmaßnahmen
Ob Neubau oder Sanierung – es gibt immer eine Lösung, bei bautechnisch einwandfreier Ausführung und ohne Störung des Bauablaufes den Artenschutz zu beachten. Weil für viele Menschen der Artenschutz am Bau noch Neuland ist, bietet der Landesbund für Vogelschutz umfassende Hilfestellung mit seinen Fachleuten für Gebäudebrüter und Fledermäuse. Sinnvoll ist eine Zusammenarbeit bereits in der Planungsphase.
Der erste Schritt zum Artenschutz bei Baumaßnahmen ist die Vorabprüfung. Wir stellen fest, ob an dem betroffenen Gebäude Quartiere bzw. Tiere vorhanden sind. Gerne erstellen wir Ihnen ein Angebot für eine Gebäudeuntersuchung. Möglicherweise ist das Gebäude auch bereits in unserer Datenbank erfasst.
Bei positivem Ergebnis besprechen wir nötige Schutz- und Ersatzmaßnahmen gemeinsam mit Bauherr*innen, Architekt*innen und/oder Baufirma, und helfen mit, die behördlichen Genehmigungen zu beschaffen. Denn: Sobald Änderungen im Quartiersbereich vorgenommen werden, bedarf es einer Befreiung von den Schutzvorschriften des § 44 durch die Höhere Naturschutzbehörde. Zuletzt betreuen wir die Baumaßnahme bis zur Fertigstellung und stehen Ihnen in Fragen zum Artenschutz zur Seite.
Wir geben auch Auskunft darüber, ob eine gewünschte Neuansiedelung von Gebäude bewohnenden Arten am jeweiligen Objekt Erfolg versprechend ist. Den Erfolg unserer bisherigen Schutzbemühungen haben wir im RGU-Förderprojekt "Erfolgskontrolle" überprüft und zusammengestellt.
Gelungene Umsetzungsbeispiele geben Ihnen Anregungen, wie auch Sie zum Schutz von Gebäudebrütern und Fledermäusen beitragen können.
Bauzeit
Die meisten Gebäude bewohnenden Arten nutzen ihr Quartier nur für einen bestimmten Zeitraum im Jahr. Bau- und Sanierungsarbeiten sollten möglichst während der Abwesenheit der Tiere unternommen werden. Kritisch ist Bauen während der Brutzeit/Jungenaufzucht, bei manchen Fledermausarten auch während der Überwinterungsphase. Einige Arten reagieren auf Störungen sehr empfindlich und verlassen dann Brut und Jungtiere. Unter Arten finden Sie je Tierart einen Bau- und Brutzeitkalender.
Gerüst und Staubnetz
Ist das Arbeiten während der Anwesenheit der Tiere unvermeidbar, muss der Zugang zu den Quartieren gewährleistet werden. Dabei sind unterschiedliche Einflugbedingungen zu berücksichtigen. Mauersegler z. B. benötigen einen etwa 2,5 m freien Luftraum unter den Quartieren und eine freie Sicht auf die Einflugsöffnungen. Staub- und Sicherheitsnetze dürfen den Einflug nicht behindern. Den meisten anderen Gebäudebrütern genügt eine relativ kleine Einflugöffnung im Gerüst, um den Nistplatz zu erreichen. Störend sind Gerüste und Staubnetze auch vor den Einflugöffnungen Gebäude bewohnender Fledermausarten.
Ein nachträglicher Gerüstumbau ist meist mit Mehrkosten verbunden. Um einen störungsfreien Bauablauf zu gewährleisten, sollten Sie Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Tierart bereits vor Baubeginn in Ihre Überlegungen einbeziehen.
Interimsmaßnahmen
Bei sehr lang dauernden Baumaßnahmen sind Ausweichquartiere nötig. Manchmal bleibt als einzige Möglichkeit, diese am Gerüst anzubieten. Sie sollten möglichst genau an der Stelle der ursprünglichen Quartiere hängen und die frühere Einflugsituation nachahmen. Wichtig ist, dass die Ausweichquartiere vor Beginn der Brutzeit errichtet sind und bis zu ihrem Ende bestehen bleiben.
Erhalt von Quartieren bei Renovierungsmaßnahmen
Gebäudebrüter und Fledermäuse sind ortstreu und nutzen ihre Quartiere über Jahre hinweg. Sie sind auf bestimmte Einflugbedingungen und Verhältnisse in den Quartieren geprägt, eine Umgewöhnung fällt ihnen meist schwer. Dem Erhalt eines Quartiers ist deshalb bei Baumaßnahmen immer der Vorrang vor Ersatz zu geben.
Wenn möglich sollten also die Quartiere an Ort und Stelle erhalten bleiben und die Einflugsituation nicht verändert werden. Das ist normalerweise bei einfachen Renovierungsarbeiten der Fall:
- Fassadenanstrich
- Putzausbesserung
- Austausch von Dachziegeln
- Fenstertausch und -renovierung
- Balkonsanierung
Weil solche Arbeiten meist nicht lange dauern, sollten sie unbedingt während der Abwesenheit der jeweiligen Tiere erledigt werden.
Gelungene Umsetzungsbeispiele für Erhalt von Quartieren finden Sie in der Beispielsammlung.
Ersatzquartiere
Nicht immer können die Quartiere von Gebäudebrütern und Fledermäusen im Zuge von Sanierungs- und Umbaumaßnahmen erhalten werden. In diesem Falle schreibt das BNatSchG in § 19 Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor.
Damit diese Ersatzmaßnahmen auch ihre Funktion erfüllen, müssen die speziellen Bedürfnisse der betroffenen Tierarten berücksichtigt sein. Wenn irgend möglich, sollten Ersatzquartiere am selben Ort liegen und dieselben Einflugsbedingungen aufweisen wie die früheren Quartiere.
In den meisten Fällen werden Ersatzquartiere als in sich geschlossene Einheiten ausgebildet – so vermeidet man, dass sich die Gebäude bewohnenden Tiere unkontrolliert im Dachraum bzw. an der Fassade bewegen können. Aus optischen Gründen werden sie meist ins Gebäude integriert, können aber auch in Form von Kästen und Nisthilfen außen an die Fassade gehängt werden.
Ersatzquartiere werden meist bei umfangreicheren Baumaßnahmen notwendig:
- Dachausbau, Dachdämmung
- Fassadendämmung
- Aufstockung zusätzlicher Geschosse
- Anbauten
Solche Arbeiten können mitunter sehr lange dauern. Ausweichquartiere halten die betroffenen Tierarten während der Bauphase am Ort und helfen, Bestandseinbrüche zu vermeiden; eine schnellere Annahme der später zur Verfügung stehenden Ersatzquartiere ist zu erwarten.
Gelungene Umsetzungsbeispiele für Ersatzquartieren finden Sie in der Beispielsammlung.
Neuschaffung von Quartieren
Leider ist es nicht in jedem Fall zu vermeiden, dass Quartiere – meist aus Unkenntnis - verloren gehen. Deshalb ist es wichtig, vorsorglich Quartiere zu schaffen. Quartiere für Gebäudebrüter und Fledermäuse sind nicht an traditionelle Bauformen gebunden; auch an und in modernen Neubauten können Quartiere angeboten werden. Größe, Höhe und Lage der Gebäude spielen eine viel geringere Rolle, als gemeinhin angenommen – die Tierarten haben ja unterschiedliche Bedürfnisse. Aktiv werden kann dabei jeder, vom Einfamilienhausbesitzer bis zur Hochhausmieterin, von der Baugenossenschaft bis zur Architekt*in.
An den folgenden Gebäuden ist ein Quartierangebot besonders sinnvoll:
- Öffentliche Bauten
- Geschosswohnungsbau
- Einfamilienhäuser
- Kirchen
Die einfachste Form, Neuquartiere anzubieten, sind Nist- und Fledermauskästen, die an die Fassade bzw. unter das Dach gehängt werden. Für kleine und größere Gebäude gibt es praktische Einbausteine; sie weisen optimale Quartiergröße auf und können bei Neu- und Umbau in die Fassade integriert werden. Ein wenig aufwändiger ist es, Quartiere individuell zu planen und in eine Neubaumaßnahme zu integrieren. Doch auch hierfür gibt es gelungene Beispiele. Nicht zuletzt bieten die meisten bestehenden Gebäude eine Möglichkeit, vom Menschen ungenutzte Bereiche – meist im Dach- und Dachtraufbereich – für Tiere zur Verfügung zu stellen.
Hier finden Sie eine Zusammenstellung der unterschiedlichen Bedürfnisse einzelner Gebäudebrüter und Fledermäuse:
Wer wohnt wie am Haus?
Ausgezeichneter Artenschutz
Um die Schaffung neuer Quartiere bei Bürger*innen und Architekt*innen anzuregen, zeichnet der Landesbund für Vogelschutz Menschen in Stadt und Landkreis München aus, die an ihrem Haus Artenschutzmaßnahmen umgesetzt haben. Mit der Plakette „Lebensraum für…“ bedanken wir uns für Ihre Bemühungen und möchten ein sichtbares Zeichen für alle Menschen setzen, wie wertvoll umgesetzter Artenschutz für den Erhalt unserer Stadtnatur ist. Wenn Sie interessiert sind, senden Sie uns ein E-Mail. Gelungene Umsetzungsbeispiele für neu geschaffene Quartiere finden Sie in der Beispielsammlung.
Die Plaketten „Lebensraum für…“ gibt es für diese Gebäude bewohnende Tierarten. Sie werden vom LBV an Personen vergeben, die an ihrem Gebäude Artenschutzmaßnahmen umgesetzt haben.
Umsetzungsbeispiele
Der LBV betreut seit 2003 verschiedene Artenschutzmaßnahmen bei Sanierungen und Umbauten. Betroffen waren fast alle Gebäudebrüterarten und Fledermäuse. Die Dokumentation einiger dieser Artenschutzmaßnahmen können sie hier einsehen oder herunterladen.
Erhalt und Ersatz von Quartieren bei Sanierung / Umbau / Renovierung | ||
E 1
| Mü / Sendling (Dachsanierung) | Mauersegler |
E 2
| Mü / Ramersdorf (Dachsanierung) | Mauersegler |
E 3
| Mü / Freimann (Fassadensanierung) | Mauersegler, Haussperling, Star |
E 4
| Ismaning / Süd (Dach- und Fassadensanierung) | Mauersegler, Gr. Abendsegler |
E 5
| Mü / Oberföhring (Fassadensanierung) | Mauersegler, Gr. Abendsegler |
E 6
| Mü / Neuhausen (Dachausbau) | Mauersegler, Haussperling |
E 7
| Mü / Schlachthofviertel (Dachausbau) | Mauersegler, Haussperling |
E 8
| Mü / Sendling (Fassadenrenovierung) | Mauersegler |
E 9
| Ismaning / Ost (Fassadensanierung) | Gr. Abendsegler |
E 10
| Mü / Schwabing (Dachsanierung) | Mauersegler |
E 11
| Schäftlarn (Kirchensanierung) | Dohle |
E 12
| Mü / Sendling (Fassadendämmung) | Mauersegler |
E 13
| Mü / Riem (Abbruch) | Mauersegler |
E 14
| Mü / Moosach (Fassadensanierung) | Mauersegler |
E 15
| Mü / Schwabing (Dachsanierung) | Mauersegler |
E 16
| Mü / Arabellapark (Fassadensanierung) | Haussperling, Mauersegler |
E 17
| Mü / Ramersdorf (Dach- und Fassadensanierung) | Mauersegler |
E 18
| Ismaning (Fassadendämmung) | Mehlschwalbe, Gr. Abendsegler |
E 19
| Mü / Sendling (Neubau) | Haussperling |
E 21 | Mü / Johanneskirchen (Abbruch und Neubau) | Mehlschwalbe |
E 22 | Mü / Laim (Fassadensanierung) | Mauersegler |
E 23 | Mü / Milbertshofen (Dachdämmung) | Mauersegler |
Kartierung und Meldebogen
Zur Umsetzung des gesetzlichen Schutzes und zur Einhaltung der Schutzvorschriften müssen die Quartiere Gebäude bewohnender Tierarten bekannt sein. Deshalb sind wir auf die Hilfe der Mitbürger*innen angewiesen. Bitte melden Sie Ihnen bekannte Quartiere, und nutzen Sie dazu unseren Meldebogen:
Meldebogen für Gebäudebrüter
PDF - Datei
Den Meldebogen herunterladen, ausfüllen und senden an:
Landesbund für Vogelschutz
Projekt Artenschutz an Gebäuden
Klenzestr. 37
80469 München
E-Mail: sylvia.weber@lbv.de
Die eingehenden Meldungen werden in einer Datenbank gesammelt, die den Naturschutz- und Baugenehmigungsbehörden zur Verfügung steht. Artenschutzrechtliche Maßnahmen und Schutzvorschriften können so im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens festgesetzt werden. Auch Bauherr*innen können sich im Vorfeld von Baumaßnahmen erkundigen, ob ihr Gebäude bereits erfasst ist, oder eine Prüfung auf Gebäudebrüter- oder Fledermausvorkommen anfordern. Gerne erstellen wir ein Angebot zur Gebäudeuntersuchung.