Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)
Die Zwergfledermaus ist mit einer Körperlänge von ca. 4,5 cm und einer Flügelspannweite von 20 cm die kleinste bei uns vorkommende Fledermausart; mit zusammengeklappten Flügeln würde sie in eine Streichholzschachtel passen. Sie verlässt ihr Quartier manchmal noch vor Sonnenuntergang oder bald danach und ist vor allem durch ihre geringe Größe von anderen Fledermausarten zu unterscheiden.
Zwergfledermäuse ernähren sich hauptsächlich von kleinen Insekten wie Mücken oder kleinen Nachtschmetterlingen. Sie jagen in wendigen Flugmanövern mit häufigem Höhenwechsel um Baumkronen und entlang von Gebüschen über Gärten, Parks und an Straßenlaternen im Stadtgebiet; Obstgärten, Waldränder und reich strukturierte Kulturlandschaften zählen ebenfalls zu ihren Jagdrevieren.
Ab Mitte April besetzen die Weibchen ihre Wochenstuben, in denen sie von Anfang Juni bis Mitte Juli ihre Jungen aufziehen. In dieser Zeit leben die Männchen in Einzelquartieren. Die Weibchen bringen häufig Zwillinge zur Welt, die nach ca. 4 Wochen flugfähig sind, jedoch erst nach 6 bis 7 Wochen entwöhnt werden. Wochenstuben dienen nur in der Zeit des Säugens als Gemeinschaftsquartier, davor und danach verteilen sich die Weibchen auf mehrere Quartiere in der näheren Umgebung. Ende Juli, wenn die Jungen entwöhnt sind, verlassen die Weibchen die Wochenstuben wieder.
Quartier
Zwergfledermäuse sind typische Bewohner von Siedlungen und Städten. Sie beziehen bevorzugt Spaltenquartiere in 2 bis 9 m Höhe an Gebäuden, vor allem in Mauerritzen, Außen- und Flachdachverkleidungen, Rollladenkästen, in Hohlblocksteinen unverputzter Hauswände oder hinter Fensterläden. Zusätzlich nutzen sie Baumhöhlen und Nistkästen als Paarungsquartiere. Wegen ihrer geringen Körpergröße ist ein Spalt von 1,5 cm ausreichend. Meist suchen sie sich sehr enge Quartiere, in denen sie mit Rücken und Bauch Kontakt zur Unterlage haben. Zwergfledermäuse haben es gerne warm: Typisch für diese Art ist der temperaturbedingte Wechsel zwischen mehreren Hangplätzen, die auch an verschiedenen Gebäuden liegen können. Die Sommerquartiere der Zwergfledermäuse befinden sich vor allem an süd- und ostseitigen Hauswänden, die Exposition kann sich jedoch im Lauf des Jahres je nach Temperatur ändern. Winterquartiere liegen höchstens 10 bis 20 km von den Sommerquartieren entfernt; nicht selten befinden sie sich sogar am selben Gebäude, nur mit anderer Ausrichtung. Zusätzlich kommen als Winterquartiere auch Höhlen und Kellergewölbe in Frage, wo die Zwergfledermäuse in Spalten zwischen den Ziegeln überwintern. Zwergfledermäuse sind sehr ortstreu: durchschnittlich werden Quartiere 10 bis 14 Jahre lang wiederbesiedelt.
Gefährdung
Obwohl Zwergfledermäuse gelegentlich von Mardern, Katzen oder Baum- und Turmfalken getötet werden, sind sie hauptsächlich durch den Einsatz von Insektiziden und giftigen Holzschutzmitteln sowie durch den Verlust ihrer Quartiere und Vergrämung gefährdet.
Nach Auflösen der Wochenstuben kommt es in manchen Gegenden zu invasionsartigen Masseneinflügen hauptsächlich junger Zwergfledermäuse in Wohnungen, wo sie sich dann hinter Schränke, Bilder oder in Gardinen hängen. Vermutlich verirren sich diese Jungtiere auf der Suche nach neuen Quartieren. Die Zwergfledermäuse fliegen meist von selbst wieder ins Freie, wenn in den Abendstunden die Fenster geöffnet und die Beleuchtung im betreffenden Raum ausgeschaltet wird.
Die wohl größte Gefahr droht den Zwergfledermäusen durch den Abriss oder die Sanierung von Gebäuden und das Fällen von Bäumen, in denen sich Quartiere befinden. Lässt sich eine Sanierung nicht vermeiden, sollte vor Baubeginn bekannt sein, welche Hangplätze am Gebäude im Jahresverlauf besiedelt sind, wo sich Ein- und Ausflugöffnungen befinden, ob im nähren Umfeld (ca. 500 m) weitere Quartiere einer Wochenstubenkolonie vorhanden sind und zu welcher Jahreszeit die Tiere anwesend sind.
Bei Wochenstubenkolonien sollten Sanierungsarbeiten von September bis März, bei Winterquartieren von April bis Mai durchgeführt werden.
Zwergfledermäuse nehmen Ersatzquartiere nur zögerlich an. Werden Fledermauskästen angeboten, so sollten es mindestens zwei Kästen mit gleicher Spaltenbreite in unterschiedlicher Ausrichtung (z.B. Süd- und Ostseite) sein. Eine dunkle Farbe der Außenwand hilft, das Quartier auf natürliche Weise zu erwärmen; es müssen jedoch durch Kammerung der Kästen oder Anbieten von Ausweichquartieren auch kühlere Hangplätze zur Verfügung gestellt werden.
Schutz und Hilfe
Schutzstatus: | streng geschützt gem. BNatSchG |
Neben dem Erhalt der Nahrungshabitate und dem Verzicht auf Insektizideinsatz betreffen die wichtigsten Schutzmaßnahmen den Erhalt der Zwergfledermaus-Quartiere:
1. Prüfung auf Vorkommen von Fledermäusen und ihren Quartieren vor Sanierungsbeginn
2. Einflugöffnungen im Mauerwerk an und in Gebäuden offen halten, keine Veränderung an Quartieren vornehmen
3. Bauzeit während der Abwesenheit der Tiere
4. Voruntersuchung durch Fledermausexperten auf Besiedelung alter Bäume bei Fällmaßnahmen
5. keine Verwendung von Fledermaus gefährdenden chemischen Holzschutzmitteln bei Dachsanierungen
Liste Fledermaus verträglicher Holzschutzmittel
6. naturnahe Bewirtschaftung bzw. Pflege von Gärten, Obstwiesen, Parks, Alleen und Waldungen
7. Anbieten von Fledermauskästen in geeigneter Lage
Fledermauskästen sind im Fachhandel erhältlich, können aber auch leicht selbst hergestellt werden.
Wer ein Quartier für Zwergfledermäuse schaffen möchte, sollte dabei beachten:
Bevorzugte Gebäude | Gebäude unterschiedlicher Höhe |
Lage am Gebäude | Spalten und Hohlräume in 2 bis 9 m Höhe |
Quartierstyp | Spaltenquartier 30x30x1,5-2,5 cm |
Platzbedarf bxhxt (cm) | 20 mm Spalt |
Einflugöffnung (mm) | 20-40 mm Spalt auf ganzer Länge |
Besondere Bedingungen | Hangplatz und Einflugbereich aufgeraut; keine Zugluft! |
weitere Maßnahmen | Hohe Temperaturen, Südwest bis Südost bevorzugt |